Wie fruchtbar ein Meinungsaustausch unter Experten sein kann, zeigte sich auf der Jahreshauptversammlung der Kraftfahrzeughandwerker-Innung Mittelrhein. Vom Schutz vor allzu penetranter Werbung eines Fahrzeugglas-Dienstleisters bis hin zu Tipps rund um die Azubis: Im Rahmen einer lebhaften Podiumsdiskussion und zweier Vorträge im Metallzentrum der Handwerkskammer Koblenz kamen zahlreiche Ideen auf den Tisch, die das Berufsleben der Innungsmitglieder erleichtern sollen.
Beispiel: Ein Radiospot der Innung wird in naher Zukunft über den Äther gehen. Für dieses Vorhaben bekam Obermeister Mark Scherhag von den Kollegen grünes Licht. Ein Gegengewicht will der Spot darstellen zu einem international tätigen, heftigst werbenden „Fremd“-Dienstleister und den Verbrauchern bewusst machen, dass Autoglas-Reparaturen durchaus auch in der regionalen Innungs-Werkstatt des Vertrauens möglich sind. Mehr noch: Hier ist der Einsatz von Qualitätsscheiben statt Billigglas selbstverständlich. Ein Klick auf
www.kfz-innung.org zeigt, wo eine entsprechende Werkstatt ganz in der Nähe zu finden ist. Durch die neue Verlinkung mit Google Maps kann der Interessent darüber hinaus sogleich die Lage der Werkstatt orten. Der 20-sekündige Spot soll fünf Mal am Tag zu hören sein.
Breiten Widerstand und Unmut gab es in der Versammlung gegen die Werkstatt-Pläne des ADAC und dem Aufbau eines eigenen Werkstattnetzes. Vorsorglich beschlossen die Anwesenden, dann keinen ADAC-Vertreter mehr in der Schiedsstelle einsetzen zu wollen. Die neutrale Kommission für den Verbraucherschutz soll unparteiisch sein, so die Argumentation. Dies aber sei nicht mehr gewährleistet, wenn der ADAC wie geplant ein Partnernetz mit Kfz-Werkstätten aufbaut, die abgeschleppten Fahrzeuge in Zukunft in „eigene“ Werkstätten bringen lässt und damit eine Schadenssteuerung betreibe.
221 Mitgliedsbetriebe hat die Kfz-Innung Mittelrhein mittlerweile, berichtete Mark Scherhag, drei mehr als im letzten Jahr. 2,8 Prozent mehr Neuwagen wurden verkauft und 114 Gesellenbriefe konnten überreicht werden. Keinerlei Grund zum Klagen also. Trotzdem aber müssen sich auch die Autoexperten Gedanken machen, wie sie in Zeiten des demografischen Wandels Nachwuchskräfte rekrutieren können – qualifizierte Nachfolger wie die fünf Jungmeister, die zur Versammlung geladen waren.
Das Problem: Alles ströme auf die Gymnasien, meist werde ein Studium angestrebt, dabei aber unterschätzt, welche vielfältigen Möglichkeiten das Handwerk bietet. Das macht es den Betriebsinhabern schwer, an geeignete und motivierte Azubis zu kommen. Ob Kfz-Mechatroniker für Pkws, Nutzfahrzeuge, Motorradtechnik, Hochvolt- oder Karosserietechnik, ob Fahrzeuglackierer oder Automobilkaufmann: Mathematische Fähigkeiten etwa seien unabdingbar im Kfz-Gewerbe, waren sich die Teilnehmer einig. Talenttests zur Berufsfindung können hier hilfreich sein. Weiter kam die Idee auf, Lehrlinge untereinander auszutauschen, um ihnen einen breiteren Erfahrungshorizont zu ermöglichen. Ein Berufsbildungsausschuss soll gegründet werden.
Geschäftsführer Jens Bleutge vom Landesverband Kraftfahrzeuggewerbe Rheinland-Pfalz regte an, in den Betrieben vermehrt Praktika anzubieten, damit sich die jungen Leute ein realistisches Bild vom nach wie vor beliebten Auto-Beruf machen können. Zudem verwies er auf die Seite
www.autoberufe.de, die vielfältige Möglichkeiten bietet wie die kostenlose Ausbildungsplatzbörse für Innungsbetriebe.
Geschäftsführer Karlheinz Gaschler sprach das Problem der Nachfolgersuche an. Die Statistik besage, dass 30 Prozent aller Inhaber innerhalb seines Beritts 55 Jahre und älter seien. Zudem riet er dringend zu einer beim Notar erstellten Vorsorgevollmacht – um im Falle längerer Krankheit unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Am Ende der Versammlung schließlich, der eine Besichtigung des Metallzentrums vorausgegangen war, wurden der Jahresrechnung 2013 und dem Haushaltsplan 2014 zugestimmt. Ihren Ausklang fand die gut besuchte Veranstaltung bei anregenden „Benzingesprächen“.